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Eine Anstellung in den Bibliotheken der Kustodie von Terra Sancta: Alessandro, freiwilliger Helfer in Jerusalem, erzählt

Giacomo Pizzi11 Juli 2012

In ihrem dritten Monat in Terra Santa berichten italienische Jugendliche, die dank eines Abkommens zwischen ATS pro Terra Santa und der Universität Bari ihren einjährigen Zivildienst im Heiligen Land verbringen sollten, von ihren Erfahrungen, geleisteten Aufgaben und ihren Eindrücken des Lebens in Jerusalem.

Hier ist die Erzählung von Alessandro, 25 Jahre alt, der spezialisiert ist auf Philologie der Moderne. Er arbeitet aktuell in einem Projekt zur Katalogisierung des alten Fundus der Bibliothek von San Salvatore in Jerusalem.

Die ersten drei Monate in Jerusalem bestanden in Bezug auf die Arbeit aus dem Sichten und Ordnen der alten Editionen, die die Texte zu den Reiserouten in Terra Sancta enthielten und die in den Bibliotheken von San Salvatore und der Flagellazione aufbewahrt werden. Es folgte die minutiöse Katalogisierung, die noch immer im Gange ist, die nach bibliothekarischen Maßgaben erfolgte, um jede noch so kleine Augenfälligkeit des Materials in den Ausgaben der Editionen zu enthüllen, so dass schlussendlich der Wert des Fundus in seiner Gänze feststellbar war. Parallel dazu wurde die Planung eines digitalen Kataloges begonnen, wobei die bibliographischen Handzettel zu den Ausgaben des antiken Fundus der Reiserouten zu Loca Sancta erfasst werden. Dazu werden Datensätze zu den zeitgenössischen Editionen zu den Wegerouten, die in den beiden Bibliotheken der Kustodie aufbewahrt werden, im Format „Short Title“ erfasst.

Der erste Eindruck von der Stadt Jerusalem war äußerst einprägsam, insofern, als die Ankunft gerade mit den Osterfeierlichkeiten zusammenfiel, in denen man voll und ganz aufging, insbesondere, wenn man an diesen als Mitglied des Chores des Magnifikats von Jerusalem teilhatte. Die ganze Stadt ist eine Stadt der Widersprüche, die in jedem Winkel Fragen aufwirft, seien es die arabischen Kinder, die plötzlich auftauchen und einem schreiend hinterherlaufen, oder die orthodoxen Juden, die, während sie gehen, hüpfen, um einer Beschmutzung vorzubeugen, oder die feierlichen Prozessionen unterschiedlicher Konfessionen zum Heiligen Grab.

Außerhalb der Mauern, nur wenige Meter weiter, ändert sich die Realität komplett: Wagen europäischer Fabrikation aus der Neuen Stadt ersetzen die alten Karren, rostige Bleche säumen die staubigen Straßen, und bedecken die abgeblätterten Wände der unzähligen Geschäfte, die fast zusammenfallen, aus diesen kommen und gehen verschleierte Frauen, ihre schönen Profile verbergend: Betlehem, die Stadt der Geburt Jesu, ist nur wenige Minuten von der Maschinerie Jerusalems entfernt, der arabischen Stadt.

Tel Aviv scheint auf den ersten Blick frei zu sein von der Komplexität der Heiligen Stadt: man gibt sich perfekt westlich orientiert, luxuriöse Wolkenkratzer flankieren die goldenen Strände, wo sich Jugendliche, Jungen und Mädchen, treffen, die scheinbar nichts zu tun haben mit ihren Altersgenossen von Mea Shearim. Aber diese Fassade bröckelt schnell und offenbart den Zerfall vieler Zonen, in denen Massen an afrikanischen Immigranten sich in den Straßen treiben lassen, ohne Job, ohne Motivation, gleichsam ein Conradianisches Bild, in den Büschen der Parks.

Viel ist noch zu sehen, und ich hoffe, dass die verbleibenden Monate neue Erfahrungen und Entdeckungen bringen, viele Fragen sind in der Zwischenzeit aufgekommen, einige noch offen, andere mit Erklärungsversuchen die natürlich noch diskutiert werden müssen, während ich nach wie vor die gleichen engen Gässchen der Altstadt ablaufe und auch neue, noch unbekannte Wege einschlage.

Zusätzliche Informationen zum Projekt  ”Bücher, Brücken des Friedens”, finden Sie hier.