shasy Sahir Sebastia

Das Faktotum des Gästehauses in Sabastiya (Sebastia) will die ganze Stadt verschönern

Giacomo Pizzi31 März 2017

„Shady!“. Schweigen. „Shaady!“. Wir rufen ein zweites Mal; abermals Stille.

Auf einmal taucht er auf. Er hat das Telefon in einer Hand und eine Packung Handtücher und Decken unter dem anderen Arm. Sein Name ist Shady Shair, und er ist 29 Jahre alt. Er ist der Handwerker für alle Fälle im Gästehaus Sabastiya. Wir befinden uns in Samarien, am Begräbnisort von Johannes dem Täufer.

„Ich komme!“ sagt er, und stürzt in ein Zimmer. Wir hören, wie er am Telefon ein paar Minuten lang mit jemandem streitet. Dann erscheint er wieder und kommt auf uns zu, lächelt dabei und grüßt uns freundlich. Shady lächelt immer; er ist nie unzufrieden.

Danach verschwindet er wieder und kommt zurück. Er bringt arabischen Kaffee und einige herrliche Pistazienkekse, die die Frauen in der Stadt gebacken haben. Endlich setzt er sich hin. Es ist nicht einfach, länger als fünf Minuten mit Shady Shair zusammen zu sitzen, denn er ist immer in Eile. „Dies ist mein Zuhause“, sagt er. „Ich kümmere mich um dieses Haus, als wäre es mein eigenes. Ich versuche, alles möglichst ordentlich zu halten, und alle Menschen möglichst herzlich zu empfangen … Ich nenne dies mein Zuhause, hauptsächlich weil ich mehr Stunden hier verbringe als bei mir zu Hause, nämlich zwischen 9 und 12 Stunden pro Tag!

Shady kümmert sich wirklich um alles: Er putzt die Zimmer, arbeitet im Laden vom Gästehaus, erledigt die Buchungen, heißt die Gäste willkommen, und organisiert ihren Besuch in Sabastiya. „Ich muss immer zur Verfügung stehen. Wenn ein Besucher kommt, bin ich seine erste Kontaktperson …“. Kurzum:  Shady ist für alles verantwortlich. Aber er beschwert sich nie.

„Ich arbeite am Mosaic Centre (Mosaikzentrum) und an der Association pro Terra Sancta seit 2011“ erklärt er. „Ich bin geblieben, weil diese Arbeit eine einmalige Gelegenheit für mich bedeutet“. Dank dieser Arbeit spricht Shady gut Englisch, er hat gelernt, wie man ein Gästehaus führt, und er hat die Gelegenheit, Menschen aus aller Welt kennen zu lernen.“

„Bis vor ein paar Jahren wussten sehr wenige Leute, dass diese Stadt überhaupt existiert. Es ist eine einmalige Gelegenheit, an einem Ort wie Sabastiya einen Beruf zu erlernen. Ich bin Menschen wie Osama [Direktor des Mosaikzentrums – Anm. der Red.] oder Carla von ATS pro Terra Sancta zu Dank verpflichtet; das sind diejenigen, die mir diese Gelegenheit boten …“. Aus diesem Grund ist Shady glücklich über seine Teilnahme am Projekt. Deshalb rennt er hin und her, um alles zu koordinieren. „Ich hoffe, die ganze Stadt wird bald so schön sauber wie dieses Gästehaus … Viele Einheimische besuchen sie schon, weil sie schön ist!“

Nach fünfzehn Minuten ist unsere Zeit abgelaufen. Tatsächlich klingelt das Telefon wieder. Er antwortet sofort: „Hallo? Ja, ich bin’s: Shady. Ein Zimmer für drei Personen? Klar, und zum Mittagessen? …“. Er steht auf, räumt schnell den Tisch ab, und verschwindet dann wieder im Eiltempo. Er rennt, um diese kleine Insel der Schönheit zu schaffen, an einem Ort, wo keiner es mehr erwartet hatte.

Das Gästehaus Sabastiya ist eine Initiative des Mosaikzentrums Jericho und der Association pro Terra Sancta; es ist Teil eines umfangreichen Projekts betreffend Gastgewerbe und Tourismus Sabastiya, Gastgewerbe und Tourismus. Das Ziel des Projekts ist die Erschaffung einer lokalen und nachhaltigen Wirtschaft in der Kleinstadt unter der Mitarbeit von Jugendlichen, Frauen und Behinderten. Das Projekt wird von der FAI – Fondation Assistance Internationale von Lugano unterstützt.