Erfahrungsbericht einer ehrenamtlichen Archäologin in Jerusalem

Giacomo Pizzi27 September 2010

„Die Geschichte des Heiligen Landes“ ist ein Projekt, das die Bildung eines Zentrums zur Geschichte des Christentums im Heiligen Land fördert, um die Erfahrungen der dortigen Franziskanerpräsenz zu schildern, sowie über die aktuellen Tätigkeiten der Kustodie zu informieren, mit dem Ziel, ein Jahrhunderte altes Kulturerbe zu dokumentieren, zu verwahren und zu schützen.

Die Initiative wird von der Kustodie des Heiligen Landes gefördert und durch deren NGO, der ATS Pro Terra Sancta, unterstützt. Sie wurde ins Leben gerufen, um nicht nur die „lebendigen Steine“ des Heiligen Landes zu unterstützen, sondern auch die “Steine der Erinnerung“ zu pflegen, und zwar insbesondere mit dem Ziel, die historischen und kulturellen Schätzen der Kustodie zu verwahren. Ein aktueller Wunsch der Franziskanerpater des Heiligen Landes ist es, ein modernes, christliches Museumszentrum in Jerusalem zu schaffen.

Emanuela Compri ist Archäologin und ehrenamtliche Mitarbeiterin von ATS Pro Terra Sancta und von der Kustodie des Heiligen Landes : seit Monaten ist sie im mit dem archäologischen Museum des Studium Biblicum Franciscanum am Projekt beteiligt, und schildert ihre persönliche Erfahrung mit den Funden und Archiven der Franziskaner im Heiligen Land.

“Wenn man die Möglichkeit hat, diesem Terrain Zeit und Fachwissen zu widmen, kann man neue Horizonte kennen lernen. Rein zufaellig traf ich während eines Weihnachtsessens Daniela, eine ehrenamtliche Mitarbeiterin der Kustodie, die an dem von der ATS Pro Terra Sancta unterstützten  Projekt für die Katalogisierung der Fundstücke des archäologischen Museums des Studium Biblicum Franciscanum teilnimmt. Hinzu kommt, dass ich letzten November ins Heilige Land reiste und voller Begeisterung und Erwartung gegenüber allem war, das auf mich wartete. Die Art und Weise der Tätigkeit, die ich dort aufnehmen wollte, unterschied sich ziemlich von meinen bisherigen Berufserfahrungen und von meinem bisherigen Wissen. Das bot mir die Möglichkeit, mich weiterzuentwickeln und mich mit einem neuen Arbeitsumfeld zu messen. Aber wie so oft, ist das Leben unberechenbar…und voller Überraschungen. Aber zurück zum Weihnachtsessen, an dem ich vom Museumsprojekt des Studium Biblicum Franciscanum erfuhr, das gleich mein Interesse erweckte. Mein Tätigkeitsfeld ist nicht zuletzt archäologisch. Nach dem Studium arbeitete ich als Archaeologin weiter und zwar beteiligte ich mich an Ausgrabungen im städtischen und außerstädtischen Bereich und rekonstruiere unsere Vergangenheit anhand der Ausgrabungen. Die Widmung, mit der die Franziskanerpater dem Land Jesu immer begegneten, ermöglichte ihnen, unter den ersten Pionieren der Archäologie des Heiligen Landes zu sein. In ihrem Museum sind nicht nur Gegenstände aufbewahrt, sondern es wird auch die Bedeutung der Stätten hervorgehoben, die die Route jeden Pilgers erhalten. Nach ein paar Monaten war es soweit, auch dem Projekt der Katalogisierung für das Museum etwas Zeit widmen zu können. Es war eine einmalige Gelegenheit, die sich mit meinen bisherigen Kenntnissen verbinden ließ. Bei der Arbeit handelt es sich um die Erstellung einer informativen Datenbank, die die Daten jedes einzelnen archäologischen Fundes und Gegenstandes enthält, die im Museum aufbewahrt sind, das sich an der ersten Station des Kreuzweges entlang der Via Dolorosa befindet. Die Katalogisierung ist eine vorbereitende Maßnahme der Neugestaltung und Modernisierung der Museumsausstellung und gibt den teilnehmenden Voluntären die Möglichkeit, mit eigenen Händen Fundstücke, die sonst in Glas verschlossen sind, anzufassen. Ausserdem wird ihnen die Moeglichkeit geboten, tief in ein Wissensmeer abzutauchen, das sich hinter jedem Fundstück versteckt und einen unendlichen Horizont am Wissen eröffnet. . Man braucht Ausdauer, Neugier, Leidenschaft und Geduld, weil die Beherrschung eines Handwerks nicht darin besteht, das ganze Alphabet zu kennen, sondern darin, nach den Buchstaben zu suchen, die man noch nicht kennt. Während des Arbeitsprozesses wurde ich vom Pater Eugenio begleitet, der  sein Wissen mit Bescheidenheit und einer unendlichen Großzügigkeit jedem zur Verfügung stellt, der ihm begegnet, weil, wie ich er einmal erwaehnt hat, “die Kultur wie die Liebe ist: je mehr man sie  teilt, desto mehr vervielfacht sie sich“.